Kategorie: Alltagspsychologie

  • Die Macht der Pseudo-Experten: Wie Social Media unsere Wahrnehmung verzerrt

    Wenn Meinung wichtiger wird als Wissen

    Soziale Medien haben den Zugang zu Informationen revolutioniert – doch nicht immer zum Guten. Zwischen inspirierenden Beiträgen und echten Expert:innen treten zunehmend selbsternannte „Fachleute“ auf, die mit Halbwissen, überzogener Rhetorik und Verkaufsabsichten ein Millionenpublikum erreichen. Diese Pseudo-Experten stellen eine ernstzunehmende Gefahr für fundierte Meinungsbildung und öffentliche Gesundheit dar. Doch wie funktioniert ihr Einfluss – und warum fallen so viele Menschen auf sie herein?

    Die Illusion von Kompetenz: Schein statt Sein

    In sozialen Netzwerken ist Sichtbarkeit oft wichtiger als Seriosität. Studien zeigen, dass Nutzende eher solchen Personen Vertrauen schenken, die selbstbewusst auftreten, viele Follower besitzen und ihre Inhalte professionell präsentieren – unabhängig vom tatsächlichen Wissenstand (Sundar, 2008).

    „Das Tragen eines Laborkittels auf TikTok reicht oft aus, um als medizinischer Experte wahrgenommen zu werden.“
    — Nicole Diekmann, t-online (2024)

    Plattformen wie Instagram und TikTok belohnen vereinfachte, aufmerksamkeitsstarke Inhalte. Das begünstigt Pseudo-Experten, die auf Reizworte und Emotionalisierung setzen – zulasten evidenzbasierter Informationen.

    Komplexitätsreduktion: Die Verlockung der einfachen Antworten

    Wissenschaft lebt von Differenzierung und Unsicherheit – genau das, was Social Media nicht mag. Pseudo-Experten bieten vermeintlich einfache Lösungen für komplexe Probleme: Heile deine Angst durch Atmen, deine Depression durch Mindset-Shift, deine Beziehung durch eine 3-Schritte-Formel.

    Diese Vereinfachungen sind gefährlich: Sie vermitteln ein falsches Gefühl von Kontrolle und verhindern, dass Betroffene sich professionelle Hilfe suchen. Laut einer Untersuchung des Hans-Bredow-Instituts (2023) steigt die Bereitschaft zur Ablehnung evidenzbasierter Behandlungen, wenn Personen regelmäßig desinformierende Inhalte konsumieren.

    Emotionale Manipulation als Geschäftsmodell

    Die bekanntesten Pseudo-Experten sind nicht nur laut – sie sind auch geschäftstüchtig. Sie bieten kostenpflichtige Kurse, E-Books oder Produkte an, die auf emotionalen Triggern wie Angst, Hoffnung oder Schuldgefühlen aufbauen. Besonders anfällig sind junge Menschen und Menschen in psychischen Krisen.

    „Psychologische Themen sind besonders anfällig für Entprofessionalisierung und monetäre Ausbeutung.“
    Beres, 2021, Praxis Klinische Verhaltensmedizin

    Angriff auf das Vertrauen in Wissenschaft und Institutionen

    Ein zentrales Element der Pseudo-Experten-Rhetorik ist die Diskreditierung von Wissenschaft: Fachleute gelten als „Systemhörige“, Studien als „gefälscht“ oder „gekauft“. Die Folge: wachsendes Misstrauen gegenüber evidenzbasierter Medizin, Klimawissenschaft oder Psychotherapie.

    Eine Studie der Universität Erfurt (2022) zur COVID-19-Kommunikation zeigte, dass regelmäßiger Konsum alternativer Informationsquellen das Vertrauen in Institutionen signifikant verringert – selbst dann, wenn Inhalte objektiv falsch waren (Betsch et al., 2022).

    Das Ende der Aufklärung?

    Wenn Meinung mehr zählt als Wissen, geraten demokratische und soziale Strukturen ins Wanken. Social Media hat den Diskurs demokratisiert – aber gleichzeitig auch entgrenzt. Die Grenze zwischen fundierter Beratung und gefährlicher Laienmeinung verschwimmt.

    Wie die ZEIT 2025 schrieb:

    „Social Media ist nicht tot – aber es stirbt als Ort der Vernunft.“


    Was wir tun können – 5 Strategien gegen Desinformation:

    1. Medienkompetenz stärken: Schulen und Erwachsenenbildung müssen Informationsbewertung systematisch vermitteln.
    2. Seriöse Quellen fördern: Öffentliche Stellen sollten in professionelle Aufklärung investieren – auch auf Social Media.
    3. Qualitätsstandards einfordern: Inhalte zu Gesundheit und Psychologie sollten von Fachpersonen überprüfbar sein.
    4. Algorithmen regulieren: Plattformen müssen Transparenz schaffen, warum bestimmte Inhalte bevorzugt werden.
    5. Kritisches Denken kultivieren: Die Frage „Wer sagt das – und warum?“ sollte wieder zur ersten Reaktion werden.

    Der Einfluss von Pseudo-Experten auf Social Media ist ein Symptom einer tiefergehenden gesellschaftlichen Krise: Die Erosion von Vertrauen in Fachlichkeit und Verantwortung. Doch Aufklärung ist möglich – durch Bildung, Regulierung und eine Kultur des Hinterfragens. Denn am Ende entscheidet nicht der lauteste Post, sondern das klügste Urteil.

  • Der Innere Kritiker – wie du ihm die Macht nimmst

    🧠 Der Innere Kritiker – wie du ihm die Macht nimmst

    Kennst du diese Stimme in deinem Kopf, die ständig kommentiert, bewertet und dich kleinmacht?
    Die sagt:

    Willkommen beim inneren Kritiker – einem Teil von uns, der sich oft lautstark einmischt, wenn wir verletzlich sind, uns entwickeln wollen oder eine Pause brauchen. Aber: Du bist nicht deine Gedanken. Und du bist schon gar nicht dieser innere Kritiker.

    Der innere Kritiker ist eine verinnerlichte Stimme, die sich im Laufe unseres Lebens gebildet hat – häufig aus Bewertungen, Erziehung, gesellschaftlichen Normen oder negativen Erfahrungen.

    Dein Kritiker hat aber oft gute Absichten:
    🔒 Er will dich vor Fehlern schützen.
    📉 Er will vermeiden, dass du dich blamierst.
    ⚠️ Er warnt dich vor Risiken.

    Aber:
    Sein Ton ist oft harsch, verletzend und destruktiv. Statt dich zu motivieren, bremst er dich aus.
    Statt dich zu stärken, macht er dich klein.

    🚫 Was der innere Kritiker mit dir macht:

    • Er schwächt dein Selbstwertgefühl
    • Er verstärkt Angst, Scham und Schuld
    • Er verhindert Veränderung und Selbstmitgefühl
    • Er kann dich in Erschöpfung und Überanpassung treiben

    💡 Warum ist der Kritiker besonders laut, wenn es wichtig wird?

    Immer dann, wenn du dich weiterentwickelst, sichtbar wirst, für dich einstehst oder neue Wege gehst, wird der Kritiker laut. Warum? Weil Veränderung Unsicherheit bedeutet. Und Unsicherheit ist für dein inneres Alarmsystem erstmal bedrohlich. Der Kritiker versucht dich zu schützen – aber er tut es auf eine Weise, die dir langfristig schadet.

    🔄 Was kann dir helfen mit deinem inneren Kritiker besser umzugehen?

    1. Wahrnehmen statt Wegdrücken

    Versuche nicht, ihn zu ignorieren – das macht ihn nur lauter.
    🧠 Stattdessen: Erkenne ihn. Gib ihm einen Namen oder ein Bild. So schaffst du inneren Abstand.

    2. Unterscheide zwischen dir und der Stimme

    Du bist nicht dein Kritiker.
    Du hörst ihn. Das heißt: Du kannst auch anders entscheiden.

    3. Antworte mit Selbstmitgefühl

    Stell dir vor, eine guter Freund*in würde das hören.
    Was würdest du ihm oder ihr sagen?
    Sag es dir selbst. Sanft, ehrlich, ermutigend.

    4. Stärke deine innere Ermutigungs-Stimme

    Der innere Kritiker ist laut, weil er oft geübt wurde.
    Aber auch andere Stimmen in dir können wachsen – wie dein innerer Coach, deine liebevolle Instanz, deine authentische Stimme.

    Der Weg in ein gesundes, stabiles Selbstbild führt nicht über Härte – sondern über bewusste Selbstbeziehung. Der innere Kritiker wird vielleicht nie ganz verschwinden.
    Aber du kannst lernen, ihn leiser zu stellen – und anderen Stimmen mehr Raum zu geben.

    📢 In unseren Kursen zur emotionalen Balance und Resilienzförderung lernst du genau das:
    🧘 Achtsamer Umgang mit innerem Druck
    🧠 Entlastung durch Selbstmitgefühl
    💬 Neue innere Dialoge – die stärken statt schwächen

  • Es muss nicht immer gleich Psychotherapie sein!

    Viele Menschen zögern, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, weil sie Psychotherapie mit „krank sein“ verbinden oder Angst vor Stigmatisierung haben. Dabei gibt es viele wirksame alternativ-präventive Angebote, die frühzeitig unterstützen können – bevor eine Erkrankung entsteht oder sich verschärft.

    Eine frühe Unterstützung wirkt präventiv. Wer frühzeitig mit Stress, Überforderung oder Lebenskrisen arbeitet, kann verhindern, dass sich daraus manifeste psychische Erkrankungen entwickeln, denn klar ist, nicht jede Belastung ist eine ernstzunehmende psychische Erkrankung. Dabei sind bspw. Lebenskrisen, Sinnfragen oder auch die bekanntestes Form (psychische Erschöpfung) der Burnout, nur ein Bespiel.


    Frühzeitige Unterstützung kann oft effektiver sein, als Warten auf den Ernstfall

    Wenn es im Leben schwer wird, denken viele Menschen: „So schlimm ist es noch nicht – ich brauche keine Therapie.“ Oder: „Ich will nicht krank wirken.“ Doch genau hier liegt ein weitverbreitetes Missverständnis.

    Früher ansetzen heißt, besser handeln

    Psychotherapie ist ein wertvolles und oft notwendiges Instrument, besonders bei manifesten psychischen Erkrankungen wie Depressionen, Angststörungen oder Traumafolgestörungen. Doch nicht jede Lebenskrise, Überforderung oder emotionale Erschöpfung braucht sofort einen Therapieplatz. Was viele nicht wissen: Frühe, präventive Unterstützung kann entscheidend sein, um psychische Erkrankungen zu vermeiden oder abzumildern.

    Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) betont in ihrem Lebenskompetenzmodell, dass Menschen lernen können, mit Stress, Krisen und Belastungen besser umzugehen – lange bevor daraus behandlungsbedürftige Symptome entstehen. Solche Kompetenzen können in Coachings, Gruppenprogrammen oder präventiven Gesundheitskursen systematisch gefördert werden.

    Wissenschaftliche Studien zeigen: Interventionen zur Förderung von Resilienz, Selbstwirksamkeit und emotionaler Kompetenz können psychische Belastungen deutlich reduzieren und vorbeugend wirken (z. B. Göhner et al., 2020; Windle, 2011).

    Coaching & Prävention – wirksam, bevor es eskaliert

    Ob Work-Life-Balance, Burnout-Vorbeugung oder Umgang mit schwierigen Lebensphasen – Coaching kann hier eine niedrigschwellige, praxisnahe und ressourcenorientierte Unterstützung bieten. Es stärkt Handlungskompetenz und Selbstreflexion, ohne dass eine psychische Erkrankung diagnostiziert werden muss. Das belegen auch Evaluationen gesetzlich geförderter Präventionsprogramme (§20 SGB V): Teilnehmer:innen berichten von höherer Lebensqualität, besserer Selbstfürsorge und einem deutlichen Rückgang von stressbedingten Symptomen.


    Wann Coaching oder Prävention sinnvoll sein kann:

    • Wenn du dich oft überfordert fühlst
    • Wenn dir emotionale Balance fehlt
    • Wenn du Konflikte schlecht verarbeitest
    • Wenn du vorbeugen möchtest, statt später zu reagieren

    Quellen & Studien:

    • Göhner, W. et al. (2020). Wirksamkeit präventiver Maßnahmen zur Stressbewältigung. Z. für Gesundheitspsychologie.
    • Windle, G. (2011). What is resilience? A review and concept analysis. Reviews in Clinical Gerontology, 21(2), 152–169.
    • WHO (1997). Life Skills Education for Children and Adolescents in Schools. Geneva.

    „Es muss nicht immer gleich Psychotherapie sein.“
    Manchmal reicht ein Perspektivwechsel, ein sicherer Raum oder ein Impuls, um wieder in die eigene Kraft zu kommen.
    Coaching, Beratung oder präventive Kurse bieten Ihnen wertvolle Unterstützung – alltagstauglich, respektvoll und auf Augenhöhe.
    Stärken statt stigmatisieren.

  • Achtsamkeit – Trend oder Notwendigkeit?!

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    Von Teebeuteln bis Team-Meetings – Achtsamkeit ist überall. Doch was steckt wirklich dahinter? Ist es ein überstrapazierter Lifestyle-Hype oder eine dringend notwendige Antwort auf unsere zunehmend überforderte Welt?

    Achtsamkeit bedeutet, den gegenwärtigen Moment bewusst, offen und ohne Bewertung wahrzunehmen. Es geht darum, wach zu sein für das, was im Innen und Außen gerade passiert – statt auf Autopilot durch den Alltag zu hetzen. Das klingt einfach – ist aber in der Tiefe eine radikale Einladung zur Entschleunigung, Selbstwahrnehmung und inneren Klarheit.


    Die moderne Welt ist schnell, laut, voll. Zwischen Reizüberflutung, Arbeitsdruck und digitaler Dauererreichbarkeit suchen viele nach einem Gegenpol. Achtsamkeit scheint genau das zu bieten – Ruhe im Sturm. Zugleich haben zahlreiche wissenschaftliche Studien gezeigt, dass Achtsamkeit bei Stressbewältigung, Angst und Depression und sogar beim Mitgefühl gegenüber sich selbst und anderen, hilft. Das hat Achtsamkeit in Unternehmen, Schulen, Therapien, Sport und Coaching gebracht. Was früher als „esoterisch“ galt, ist heute Mainstream.


    Beides. Achtsamkeit ist zum Trend geworden – aber der Bedarf ist real. In einer Welt, die oft von Funktionieren statt Fühlen geprägt ist, kann Achtsamkeit eine heilsame Rückverbindung zu sich selbst zu schaffen. Doch „aufpassen“ .. wo Achtsamkeit draufsteht, ist nicht immer Tiefe drin. Kritiker:innen warnen zu Recht vor „McMindfulness“ – also dem Versuch, mit fünf Minuten Meditation bessere Mitarbeitende, fokussiertere Schüler:innen oder zufriedenere Konsumenten zu produzieren. Hier wird ein eigentlich befreiendes Konzept zum Instrument der Anpassung. Das hat mit echter Achtsamkeit wenig zu tun. Achtsamkeit wird heute oft als Lifestyle verkauft.

    Achtsamkeit ist viel mehr als nur das. Wenn ein Thema zu oft und zu oberflächlich behandelt wird, schalten viele innerlich einfach ab. Überall wird Achtsamkeit angepriesen – in Apps, auf Teebeuteln, bei Versicherungen, in Firmen-Workshops. Das entwertet die eigentliche Tiefe des Konzepts. Die ursprünglichen spirituellen Praktiken (z.B. im Buddhismus) wurden zu einem Produkt gemacht: „5 Minuten Achtsamkeit für besseren Umsatz“. Und am schlimmsten ist sogar .. das manche Kampagnen suggerieren, Achtsamkeit könne alle Probleme lösen.


    Die Frage ist nicht ob Achtsamkeit sinnvoll ist – sondern wie wir sie leben und vermitteln.
    Als echtes Trainingsfeld für Bewusstheit, Mitgefühl und innere Balance?
    Oder als modisches Pflaster auf strukturellen Dauerstress?


    • Kabat-Zinn, Jon (1990). Full Catastrophe Living: Using the Wisdom of Your Body and Mind to Face Stress, Pain, and Illness.
    • Thich Nhat Hanh (1975). The Miracle of Mindfulness.
    • Kabat-Zinn, Jon (2005). Coming to Our Senses: Healing Ourselves and the World Through Mindfulness.
    • Bonanno, G. A. (2009). The Other Side of Sadness: What the New Science of Bereavement Tells Us About Life After Loss. Basic Books.
    • Davidson, Richard J. & Begley, Sharon (2012). The Emotional Life of Your Brain.
    • Creswell, J. David (2017). Mindfulness Interventions. Annual Review of Psychology, 68, 491–516.
    • Purser, Ronald E. (2019). McMindfulness: How Mindfulness Became the New Capitalist Spirituality.

    https://www.zukunftsinstitut.de/zukunftsthemen/megatrend-achtsamkeit

    https://www.planet-wissen.de/gesellschaft/psychologie/achtsamkeit/index.html

  • Warum hassen wir eigentlich den Montag?

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